Brucknerhaus: Konzert der Festival Sinfonietta Linz unter Leitung von Christoph Campestrini

Den Unterschied zwischen Stille und elektronisch verstärkter Stille erfuhr ein unfassbar diszipliniertes Publikum im Linzer Brucknerhaus: Dort führten Christoph Campestrini und die Festival Sinfonietta Linz John Cages schweigendes Stück 4’33“ in zwei Versionen auf: Hineinhören in das Nichts, das den Kosmos des minimalen und zufälligen Geräuschs erfahrbar macht. Mag es Clownerie sein, so ist es doch auch Philosophie; mag es Philosophie sein, so ist sie doch auch Clowwnerie. Wer will das mit letzter Sicherheit feststellen.
Eher lässt sich sagen, dass Caroline Shaw mit „Entreacte“ eine unebenmäßige Dekonstruktion des Haydn-Streichquartetts op.77/2 geliefert hat: Die Melodie aus dem Trio behält die Oberhand, die dissonierenden Verschmutzungen und Kommentare wirken allzu willkürlich herbeigeführt und erschließen sich nicht, während eine verträumte Pizzicato-Passage eines Solocellos an den Schluss die große Frage setzt, was Inhalt und Sinn des teilweise klanglich exquisiten Stücks gewesen sein mag.
Ein berechtigter Erfolg wurde dann Alfred Huber zuteil, dessen „A.E.I.O.U.“ Linzer Lokalgeschichte und vielleicht auch Linzer Befindlickeiten reflektiert. Huber bedient sich in dieser Uraufführung einer scheinbar konventionellen Sprache mit breit ausgesungenen Bögen in den Streichern und gepfefferten Rhythmen im Schlagzeug, wozu die Orgel den quasi-Bläserpart beisteuert: Die Musik ist vital, bunt (mit fabelhaft ausgehörten Orgel-Streicher-Klangmischungen) und effektvoll.
Tonal und sogar augenzwinkernd banal liebt es Kurt Schwertsik in seiner „Möbelmusik-Klassisch“, die alte Tanztypen lustvoll zitiert und in ein Idiom übersetzt, das Satie, den Strawinski des „Apollon musagètes“ und ungemütliche Wiener Gemütlichkeiten verschmilzt: Viel Beifall für den knapp 90-jährigen Komponisten, um den das Alter einen Bogen zu machen scheint.
Campestrini verstand es, mit knappen einführenden Worten Hörhinweise zu geben und setzte in seinen Interpretationen auf Klarheit und rhythmische Präzision als Lebensmotor der Werke. Die Festival Sinfonietta Linz reagierte mit großer Klangschönheit: Ein bemerkenswertes Konzert, in dem dank Campestrini und der Festival Sinfonietta, ein sprödes Programm einen Erfolg verbuchte, als hätte man nur unproblematische Klassiker gespielt.
Edwin Baumgartner 4.5.2025

Lebt seit 1996 im Allgäu.

1999 Richard Wagner Preis Vorarlberg

Kompositionen für diverse Besetzungen, vom Soloinstrument bis zum Symphonieorchester.

Aufführungen im In-und Ausland (Kuhmo Chamber Festival, Enoarmonie Cividale, Slowind Lubljana, Suoni riflessi Florenz, Europäische Wochen Passau, Wiener Musikvereinssaal)

Zusammenarbeit mit Künstlern wie Andrea Rucli (Klavier),  Dan Zhu (Violine), Vladimir Mendelssohn (Viola), Othmar Müller (Violoncello), Katharina Gross (Violoncello), Niek de Groot (Kontrabass),  Catherine Dubosc (Sopran), Artis Quartett Wien, Enesco Quartett Paris, Slowind Lubljana, Ensemble Nuovo contrapunto Florenz, Capella Istropolitana, Wiener Concertverein unter James Judd, Alisja Mounk, Philippe Entremont, Lorenzo Viotti und Christoph Campestrini

Diverse Ausstrahlungen im Radio ORF, RAI, Bayern 4 Klassik, WDR, SWR 2

Gründungsmitglied des Internationalen Konzertvereins Bodensee,

Initiator der Zeitklänge e.V. Kempten, seit 2002 Veranstaltung einer eigenen Kammermusikreihe in Wengen/Allgäu.

Gründungsmitglied und erster Vorsitzender der Zeitklänge e.V. Kempten.

Das Festival „Emotion and Meaning in Music“/Kempten im Rahmen der Zeitklänge wird 2009 vom Bayerischen Kulturfonds gefördert.

Composer in residence der Europäischen Wochen Passau 2012

Composer in residence 2014-2015 des Wiener Concertvereins.

Composer in residence Wörthersee Classics 2014

Nominierung der CD „Duos for Violin and Double Bass“ für den ICMA (international classical music awards) 2019

Jurymitglied des Stefanie Hohl Wettbewerbs MDW Wien 2024