Zeit zum Däumchendrehen hat es für Dr. Alfred Huber in den vergangenen Wochen und Monaten nicht gegeben. Tagsüber muss der Mann zusammen mit einem Kollegen eine Arztpraxis in Kempten führen, am Abend brütet er dann über einem Bündel an Notenblättern. Huber hat quasi zwei Berufe – den des Neurochirurgen und jenen des Komponisten für zeitgenössische Musik. Damit man nicht missversteht: Das Komponieren ist kein halbherziger Zeitvertreib für Huber, der einst Tonsatz und Komposition am Bruckner-Konservatorium in Linz studierte. Er geht dieser Arbeit mit dem nötigen Ernst nach.
– Blick zurück, sein letztes Werk: Ein Streichquartett aus Hubers Feder feierte unlängst seine Uraufführung, in Feldkirch präsentiert vom Voces-Quartett. Drei Sätze (schnell, langsam, schnell) umfasst es, und Alfred Huber saß zehn Monate lang an vielen Plätzen dieser Erde, um sich inspirieren zu lassen. Zum Beispiel auf Kuba. Dort, sagt er, habe ihn natürlich der Rhythmus gefangen genommen – und auch beeinflusst. Ein Werk ist entstanden mit häufig wechselnden Tempi, das mitunter sogar zu swingen beginnt.
– Blick voraus, sein nächstes Werk: An Vertonungen zu Gedichten von Francois Villon sitzt Huber nun – und will die Arbeit im Dezember abschließen. Villon ist eine schillernde Person -im 15.Jahrhundert gewesen. Ein Dichter und Gelehrter einerseits, ein Vagabund andererseits, der letztlich vor dem Henker stand. Weshalb er sich intensiv mit dem Tod auseinander setzte. „Ein Thema“, sagt Huber, „das auch mich als Arzt beschäftigt.“
-(Über-)Blick: Zu isoliert stehe die Neue Musik momentan da, kritisiert Huber, zu wenig werde sie im Kontext der Musikgeschichte gesehen. Weshalb oft Konzertsäle leer bleiben bei Uraufführungen. Huber: „Weil der Zuhörer zu schlecht vorbereitet wird.“
-Blick aufs Allgäu: Das will der gebürtige Österreicher ändern – mit Konzerten, die in Kempten stattfinden sollen. Seine Idee: Einführungen und die Projektion der Partitur an die Wand während des Konzerts. Die Sopranistin, die die Villon-Vertonungen singen wird, steht schon fest: Catherine Dubosc.
– Freddy Schissler